Auf der Suche nach der russischen Seele

Viel Zeit ist seit meinem letzten Bericht vergangen und doch befinden wir uns noch immer im riesigen Russland. 5 Zeitzonen (in Worten: fünf!) weiter östlich sieht alles schon ein wenig anders aus und man kann förmlich schon den schleichenden Übergang nach Asien spüren.

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Was im ganzen Land gleich bleibt (vor allem kurz nach den Maifeiertagen), ist die permanente Präsenz der Erinnerung an den „Großen Vaterländischen Krieg“, wie die Russen den 2. Weltkrieg nennen.

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Was die (Erinnerungs)kultur angeht, so haben die Russen auch ohne den Weltkrieg genug, worauf sie stolz sein können. So schauen wir uns etwa an unserem Stellplatz in Tscheboksary den Klassiker „Eugen Onegin“ als Oper an und verbringen einen schicken Abend.

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Am Folgetag werden wir traditionell mit Brot und Salz empfangen und die stolzen Tschuwaschen erklären uns in ihrer Hauptstadt, was die Republik Tschuwaschien vom Rest Russlands unterscheidet.

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Wir stellen fest, dass man auch in einem nicht-islamischen Gebiet hervorragend für die Zeit im Iran üben kann, verabschieden uns von alten Freunden und begeben uns weiter ostwärts zu den Tataren.

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Nicht nur unser Stellplatz, das Messegelände von Kasan, sondern die ganze Stadt steht dieses Jahr ganz im Zeichen der bevorstehenden Universiade, einem internationalen Sportwettkampf zwischen Studenten.

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Die ohnehin schicke Hauptstadt der Republik Tatarstan wird an allen Ecken und Enden für das bevorstehende Großereignis auf Hochglanz poliert und ein Großteil der Stadt gleicht einer riesigen Baustelle. Dank den eigenen Erdölvorkommen Tatarstans scheint dies auch finanziell durchaus machbar zu sein.

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Von so viel Dynamik in der Stadt lassen wir uns anstecken und testen schon mal die Sportgeräte von morgen. Da scheint sich das regelmäßige Training mit Uschi doch bezahlt zu machen – weiter so!

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Dem Verlauf der Wolga folgend, verlassen wir Tatarstan und wollen noch eine weitere Republik erkunden: Udmurtien. Unterwegs stoßen wir im Örtchen Elabuga auf eine fast schon prototypische, russische Idylle.

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Neben erstaunlich gut erhaltenen Häusern aus dem 19. Jahrhundert treffen wir erneut auf den Großen Vaterländischen Krieg und selbst Genosse Lenin grüßt noch vom Hauptplatz des Ortes aus.

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So viel Patriotismus kann ich mich nicht entziehen und mache mir so meine Gedanken über das – trotz Zerfall der Sowjetunion – immer noch riesige Russland. Angesichts der Größe der Fläche, der Vielzahl an Religionen, Sprachen und Ethnien sowie autonomen Gebieten und Republiken muss es schließlich etwas geben, was die „Russen“ zusammen hält. War dies früher der Zar, der orthodoxe Glaube oder der Kommunismus, so ist dies heute (abgesehen von der wieder erstarkten orthodoxen Kirche) in erster Linie der Stolz auf eine gemeinsame Kultur und Geschichte. Kein Wunder also, dass man neben Puschkin, Dostojewskij und Tschajkowskij ebenso stolz auf erfolgreiche Schlachten gegen den Deutschen Orden, die Schweden, Franzosen oder Deutsche ist! Bei allem Patriotismus ist das Verhältnis der Russen zu den genannten Nationen durchaus positiv, so dass man – abgesehen von einer kleinen und radikalen Minderheit, die es in jedem Land gibt – keineswegs von einem übertriebenen Nationalismus sprechen kann. Wie sagte einst ein früherer deutscher Bundespräsident so treffend: Ein Patriot ist jemand, der sein Land liebt; ein Nationalist ist jemand, der die anderen Länder hasst. So gesehen ist es den Russen seit dem Zerfall der Sowjetunion in der Tat gelungen, eine das ganze Land umfassende Identität zu schaffen, was man neudeutsch als „Nation building“ bezeichnen würde. Jetzt gilt es für Putin, Medvedev und ihre Leute nur noch, das richtige Augenmaß zu bewahren und den Bogen nicht in Richtung Nationalismus zu überspannen.

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Nach so viel Theorie wird es Zeit in die Praxis zurück zu kehren und was gibt es da besseres, als ein russisches Schaschlik? Bei herrlichem Wetter grillen wir gemeinsam und neben Fleisch sind in einer derart guten Gruppe auch schnell jede Menge Salate zur Hand. Russisches Bier und russischer Wodka leisten selbstverständlich auch ihren Beitrag zum gelungenen Abend und so bleibt die Erkenntnis, dass man die oft zitierte „russische Seele“ wohl am besten mit Hilfe eines ebenso russischen „Wässerchens“ versteht.

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Ein Hoch auf Mütterchen Russland!

Eure Arthur & Christine

k-06_36006 Mach´s gut, Europa
Kaum zu glauben, wie die Zeit verfliegt! Da haben wir doch…

AbenteuerOsten004 Moskau ist nicht Russland
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